Frauen sind in der Wirtschaftsberichterstattung meist unterrepräsentiert.
APA

Frauen in der Wirtschaft medial unterrepräsentiert

Studie „Frauen-Politik-Medien“: Frauenanteil in Berichten über Industrie liegt bei nur 7,1 Prozent.

Frauen sind in der Wirtschaft immer mehr in Führungspositionen tätig. In der Wirtschaftsberichterstattung sind Frauen allerdings unterrepräsentiert, geht aus einer am Freitag im APA-Pressezentrum präsentierten Studie „Frauen-Politik-Medien“ hervor. „Frauen sind vor allem dort unsichtbar, wo es um Innovation, Macht, Geld, Einfluss und Entscheidungspositionen geht“, so Studienautorin Maria Pernegger von MediaAffairs.

Im Jahr 2018 war die frauenpolitische Berichterstattung vom Thema Kopftuchdebatte bzw. Verschleierung dominiert: 37 Prozent aller Berichte über Frauen befassten sich damit. Hingegen nahmen Themen wie Lohngerechtigkeit, Frauen in der Arbeitswelt und Vereinbarkeit von Familie und Beruf nur einen sehr kleinen Teil der Berichterstattung über Frauen ein. Die Bildpräsenz von Frauen in den Medien war beim Thema Wirtschaft mit nur 15 Prozent Frauen gegenüber 85 Prozent Männern auffallend gering, zum Thema Landwirtschaft waren es 33 Prozent, zum Thema Forschung überhaupt nur 7 Prozent abgebildeter Frauen.

Wirtschaft ist in den Medien nur zu 12 Prozent weiblich mit Berichten über Frauen in Spitzenpositionen wie Unternehmerin oder Managerin. Laut den Zahlen der Wirtschaftskammer wird jedoch ein Drittel der Unternehmen von Frauen geführt und gut 45 Prozent der Start-ups werden von Frauen gegründet. Studienautorin Pernegger erklärt die Differenz zum Teil damit, dass Frauen häufiger kleine Unternehmen führen, die aber auf den Wirtschaftsseiten der Zeitungen und Magazine fast unsichtbar sind. Denn etwa 95 Prozent der Berichterstattung in Massenmedien stellen Großunternehmen ins Zentrum, die Klein- und Mittelunternehmen (KMUs) bleiben trotz ihrer großen Bedeutung für die Wirtschaft medial weitgehend unbeachtet.

Aufgegliedert nach Branchen ist der Frauenanteil in der Berichterstattung in der Industrie 7,1 Prozent, im Bereich IT und Internet 6,6 Prozent, bei Banken und Versicherungen 9,7 Prozent und bei Medien und Telekommunikation 18,8 Prozent. Im Handel beträgt der Anteil in den Wirtschaftsberichten mit Frauen als Akteurinnen 10 Prozent, bei Energie und Umwelt gar nur 6 Prozent und im Tourismus 16,7 Prozent. „Nur wenn Frauen auch öffentlich sichtbar sind können sie Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gestalten“, erläutert die Studienautorin bei der Präsentation in Wien. An die Journalistinnen und Journalisten richtete sie den Appell, Klischees auf den Wirtschaftsseiten zu vermeiden, etwa eine Managerin nicht als „Lady“ zu bezeichnen. „Würde man bei einem OMV-Manager schreiben, der OMV-Guy?“

Arbeiterkammerpräsidentin Renate Anderl zitierte die verstorbene Frauenministerin Sabine Oberhauser: „Politik ist das Bohren harter Bretter, bei der Frauenpolitik kommt noch eine Stahlplatte dazu“. Die Lebensrealität von Frauen finde sich oft nicht in den Medien, auch nicht in der Wirtschaftsberichterstattung. Ein Kind mit Berufstätigkeit zu vereinbaren sei noch immer ein Hürdenlauf für Frauen, langsam würden auch die Männer mit einsteigen. Über einen Rechtsanspruch auf den Papamonat sei viel geredet worden, nun solle er endlich verwirklicht werden, forderte sie. 530.000 Mütter und Väter mit Kindern unter sechs Jahren seien erwerbstätig und müssten Beruf und Familie vereinbaren, daher brauche man viel mehr Investitionen in Kinderbetreuung und Ganztagsschulen sowie für Aktivitäten in den Ferien.

Die Spitzenmanagerin Simone Oremovic, als Executive Vice President im Vorstand des Feuerfestkonzerns RHI Magnesita tätig, schilderte den Fall einer Praktikantin von der Leobener Montanuniversität, die als einzige Frau im Bergbau Breitenau des Unternehmens mit bis dahin lauter männlichen Mitarbeitern arbeiten wollte. Die auftretenden Probleme – Umkleideraum, Toilette – konnten vom Unternehmen gelöst werden, denn man müsse schließlich einmal damit anfangen, will Oremovic auch andere Unternehmen in die Pflicht nehmen. Bei RHI Magnesita seien im Vorstand 22 Prozent und im Aufsichtsrat 25 Prozent Frauen – obwohl für das an der Londoner Börse notierte Unternehmen die österreichische Frauenquote für den Aufsichtsrat gar nicht gelte.

Der Präsident der Industriellenvereinigung (IV) und Unternehmer Georg Kapsch sagte, dass Gleichstellung in Betrieben selbstverständlich sein müsse. Aber: „Reden tun wir viel, handeln tun wir relativ wenig“, räumte er ein. Die Nichtgleichstellung von Frauen und Männern gebe es nicht nur in der Wirtschaft, sondern in allen Bereichen. Die Sichtbarmachung von Frauen und ihrer Leistungen in den Medien sei ein Katalysator, um weitere Schritte setzen zu können. Die IV engagiere sich für das Thema, denn „Vielfalt fördert Innovation“ und mache Unternehmen widerstandsfähiger. Auch den Fachkräftemangel werde man ohne den Abbau berufsspezifischer Geschlechterrollen nicht in den Griff bekommen.