Regional digital
Silvia Lieb ist stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Moser Holding AG in Innsbruck. Gemeinsam mit dem Vorsitzenden Hermann Petz leitet die Wirtschaftswissenschafterin eines der führenden Medienunternehmen Österreichs. Dabei verantwortet sie unter anderem den Technologiebereich des 1.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umfassenden Betriebes. Im Interview erzählt sie über Fairness und Transparenz in einer digitalisierten Medienwelt, neue Digital-Projekte und warum die Moser Holding große Teile ihres IT-Betriebes an die APA auslagert.
Medienhäuser stehen heute vor einer Reihe an Herausforderungen. Welche sind aus Ihrer Sicht die größten?
„Die größte Herausforderung wird es sein, dass zwischen globalen Riesen und Medienunternehmen mehr Fairness und Transparenz hergestellt wird.“
Silvia Lieb: So wie in vielen anderen Branchen steht auch für uns das Thema der digitalen Transformation klar im Zentrum. Im Allgemeinen findet bei der Mediennutzung eine Verlagerung in die digitale Welt und dabei mitunter hin zu Social Media statt. Fakt ist auch, dass unsere wahren Konkurrenten nicht mehr im eigenen Land beheimatet sind. Die größte Herausforderung wird es sein, dass zwischen globalen Riesen und Medienunternehmen mehr Fairness und Transparenz hergestellt wird, dass erbrachte Leistungen von Verlagen einerseits abgegolten und Gewinne der globalen Konzerne andererseits angemessen versteuert werden. Innerhalb Österreichs sehe ich zudem die Herausforderung der Entwicklung nachhaltiger Fördermodelle, um Vielfalt und Qualität im Journalismus weiterhin zu gewährleisten und gleichzeitig die Auswirkungen der digitalen Transformation mit zu berücksichtigen.
Wie begegnet die Moser Holding diesen Themen?
Vorausschicken möchte ich, dass wir als Anbieter von Regionalmedien gewissermaßen im Vorteil sind: Durch enorm viele exklusive redaktionelle Inhalte aus der Region, die immer einen USP darstellen. Und durch das über die Jahre gewonnene Vertrauen unserer LeserInnen in die Medienmarke, verbunden mit konstant hohen Leser- und Abonnentenzahlen, auch in Print. Aber natürlich bauen wir gerade jetzt mit verschiedenen Initiativen und schwerpunktmäßig digitalen Projekten über alle Medienmarken hinweg für die Zukunft vor.
Welche Projekte und Ziele stehen aktuell auf dem Programm? Können Sie etwas über zukünftige Pläne erzählen?
Es laufen derzeit einige große Projekte, auch in Zusammenarbeit mit der APA. Ziel ist es, in allen Bereichen effizienter und auch nachhaltiger zu werden, um uns für die Zukunft bestmöglich zu rüsten. Beispielsweise wurde – nach erfolgreicher Implementierung eines Online-CMS im Jahr 2020 – vor kurzem bei der Tiroler Tageszeitung ein neues Print-Redaktionssystem eingeführt, welches die Integration von Print- und Onlineinhalten noch einmal deutlich vereinfachen wird und ein channel-unabhängiges redaktionelles Arbeiten ermöglichen wird. Im Personalbereich führen wir derzeit sukzessive das neue Personalmanagementsystem „SAGE“ ein, welches zu einer Erhöhung der Servicequalität und vielen Erleichterungen in der Personalverwaltung und auch auf Ebene der Führungskräfte beitragen wird.
IT-Security ist und bleibt darüber hinaus eine zentrale Säule. Hier arbeiten wir an einigen IT- und Organisationsprojekten, um in einer immer stärker auf Digitalisierung und Vernetzung ausgerichteten Welt die Rahmenbedingungen weitgehend abzusichern. Parallel zu diesen Maßnahmen haben wir Ende 2020 mit MOHO.Digital ein Aus- und Weiterbildungsprogramm gestartet, das die digitalen Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf vielfältige Weise fördern soll. Als Partner haben wir uns den gemeinnützigen Verein fit4internet (bei dem wir auch Gründungsmitglied sind) an Bord geholt. Wir freuen uns, dass das Projekt bei den MitarbeiterInnen so positiven Anklang findet.
Ihr Flaggschiff ist die Tiroler Tageszeitung, deren Leser- und Nutzerzahlen sich sowohl in Print als auch online erfolgreich entwickeln. Wie gelingt das in Zeiten der digitalen, sozialen und globalen News-Flut?
„Die zentrale journalistische Leistung ist es für uns heute, in dieser digitalen, sozialen und globalen News-Flut Fakten zu verifizieren, Inhalte nach Relevanz auszuwählen und dabei immer die Lebenswelt der Menschen in der Region im Auge zu behalten.“
Sie sprechen die Antwort schon mit Ihrer Frage aus. Die zentrale journalistische Leistung ist es für uns heute, in dieser digitalen, sozialen und globalen News-Flut Fakten zu verifizieren, Inhalte nach Relevanz auszuwählen und dabei immer die Lebenswelt der Menschen in der Region im Auge zu behalten. Dass dies der Tiroler Tageszeitung sehr gut gelingt, zeigen unsere Zahlen. Es freut uns, dass die Marke TT sowohl in Print als auch auf den digitalen Kanälen für die Tirolerinnen und Tiroler die klare Nummer 1 ist.
Teile Ihrer IT-Landschaft werden von APA-Tech betreut. Die seit 2009 bestehende Zusammenarbeit wurde kürzlich verlängert. Welche technischen Leistungen lagern Sie aus und warum?
Wir lagern die Bereitstellung der Basis-IT, also die Infrastruktur aus Hard- und Software teilweise bis hin zum Anwendungssupport, aus, die Bereitstellung des Helpdesk und Betreuung unserer Arbeitsplätze, den Betrieb und die Weiterentwicklung unserer IT-Service Management-Prozesse, die Unterstützung bei der Umsetzung von IT-Projekten sowie die Weiterentwicklung unserer IT-Security-Prozesse. 2009 erfolgte die Ausschreibung. Unter drei Anbietern ging die APA-IT erfolgreich hervor. Wir setzen auf langjährige Partnerschaften, die Zusammenarbeit war in den letzten zehn Jahren sehr erfolgreich, man hat gemeinsam sehr viel entwickelt und geschaffen. Auf Basis dieser langjährigen, positiven Erfahrung und Kooperation haben wir uns entschlossen, die Partnerschaft fortzusetzen und setzen gleichzeitig neue Schwerpunkte in der Projektarbeit.
Mehr als ein Jahr Pandemie liegt hinter uns, die großen Umstellungen auf Home-Office und digitale Kollaboration ebenfalls. Was sind Ihre größten Learnings aus dieser herausfordernden Zeit, und was wird sich nach Corona verändert haben?
Wir konnten durch den Lockdown im März letzten Jahres sehen, dass wir in der Medienproduktion äußerst flexibel auf eine kurzfristige Änderung der Ausgangssituation reagieren können. So ging beispielsweise aufgrund der guten technischen Voraussetzungen die Umstellung auf Home-Office faktisch im Verlauf eines Wochenendes reibungslos vonstatten. Wie alle Unternehmen haben wir im Management einer Pandemie-Situation neues Terrain beschritten und konnten dabei natürlich auch sehr viel dazulernen. Herausfordernd bleibt die Führungsarbeit. Gerade infolge physischer Abwesenheit der MitarbeiterInnen muss auch gewährleistet sein, dass alle Teammitglieder zeitnah mit den relevanten Informationen versorgt sind und dass auch individuelle Gespräche möglich bleiben.
Die Vorteile von Videomeetings werden wir jedenfalls auch nach der Pandemie nützen. Wir können dadurch deutlich flexibler Sitzungen anberaumen und uns manche Reisetätigkeit sparen. Dennoch ist die Kommunikation – und damit meine ich insbesondere auch physische Kontakte – für ein Medienunternehmen essentiell. Der inspirierende Austausch mit den jeweiligen Gesprächspartnern funktioniert auf persönlicher Ebene ganz anders. Deshalb hoffen wir sehr auf eine baldige Normalisierung der Lage.
Ganz persönlich: Wie informieren Sie sich?
Täglich informiere ich mich in der Print- bzw. E-Paper-Ausgabe der Tiroler Tageszeitung, je nach Thema und Zeitbudget in anderen regionalen und internationalen Tages- und Wochenzeitungen (vorwiegend E-Paper – inkl. Newsletter). Verschiedene News-Portale nutze ich zusätzlich über den Tag verteilt.
Wenn Sie nur fünf Minuten Zeit für Nachrichtenkonsum hätten, welche Ihrer Produkte oder Inhalte würden Sie konsumieren?
Unseren Newsletter TT am Morgen für den schnellen Überblick.
Zur Person
Silvia Lieb war nach ihrem Studium der Wirtschaftswissenschaften im Managementbereich eines Medizintechnik-Unternehmens tätig. 1998 trat sie bei der Moser Holding als Assistentin der Geschäftsleitung ein, wo sie nach wenigen Monaten die Leitung verschiedener Konzerngesellschaften übernahm und hier beispielsweise für die erfolgreiche Positionierung des Privatradios oder auch die Expansion der Bezirksblätter in andere Bundesländer verantwortlich zeichnete.
2004 erfolgte der Ruf in den Vorstand. Seither war und ist sie federführend für zahlreiche Großprojekte wie die Neuausrichtung der Oberösterreichischen Rundschau, den Aufbau der Druckereisparte der Moser Holding sowie den Launch und die Entwicklung von Produkten und Services im IT- und Webbereich verantwortlich.