APA-Insight

Realität virtuell – Insights in den APA-Newsroom

Die neue Online-Veranstaltungsreihe „APA-Insight“ legt den Fokus auf Aufgaben, Tätigkeiten, Projekte und Menschen aus dem Alltag der Nachrichtenagentur-Gruppe. Nach dem PR-Desk von APA-Comm rückte man jetzt den Newsroom ins Rampenlicht. APA-MultiMedia-Leiter Christian Kneil zeigte, wie und warum die APA auch Nachrichten in einfacher Sprache produziert und APA-Chefredakteur Johannes Bruckenberger gewährte Einblicke in die Nachrichtenredaktion in Zeiten der Corona-Pandemie.

Information leicht verständlich

Einfache Wortwahl, kurze Sätze und eine klare Struktur helfen, Informationen von Behörden, Unternehmen sowie Medien besser zu verstehen. Barrierefreiheit nennt sich der Ansatz, den die APA mit dem Projekt „TopEasy“ seit Anfang 2017 verfolgt. Werktäglich wird dabei ein Nachrichtenüberblick in einfacher Sprache aufbereitet. Das Ziel ist es, Information möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen, denn die Zahl derer, die Lese- und Verständnisschwierigkeiten aufweisen, ist groß.

„Mit TopEasy-Nachrichten verfolgen wir einen wichtigen Qualitäts- und Bildungsanspruch und stellen unseren Eigentümern, den Medien, tagesaktuelle Nachrichten in Wort, Bild, Grafik und Audio auf leicht verständliche Weise zur Verfügung“, erzählte Christian Kneil beim Digital-Event. Im Rahmen des vom Sozialministerium unterstützten Projekts übersetzt ein Expertenteam der APA vier bis fünf Meldungen pro Tag in die Sprachstufen A2 und B1 und bringt diese damit auf ein geringeres Komplexitätsniveau.

APA-MultiMedia-Leiter Christian Kneil

Erreichen will man damit eine Teilhabe an gesellschaftspolitischen Diskursen für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen – Menschen mit Lernschwächen oder Konzentrationsschwierigkeiten,  Personen mit Hör- oder Sehbehinderungen oder ältere Menschen, die vor der Herausforderung stehen, Fach- und technische Begriffe bzw. Anglizismen zu verstehen. Zahlreiche Medien und NGOs haben den Dienst „TopEasy“ bereits auf ihren Portalen integriert, so auch das Newsportal ORF.at.

„Das Nicht-Verstehen von Texten hat für eine Gesellschaft gravierende Folgen.“

Christian Kneil

Informationsbarrieren überwinden

Wie wichtig barrierefreie Kommunikation ist, zeigt ein Blick nach Deutschland, wo mehr als ein Drittel aller Erwachsenen laut Level-One-Studie (LEO) der Universität Hamburg aus dem Jahr 2018 nicht sinnerfassend lesen oder komplexe Informationen verstehen kann. Legt man diesen Befund auf Österreich um, so sind dies 1,9 Millionen Menschen, die vom herkömmlichen Informationsangebot ausgeschlossen sind. Das Nicht-Verstehen von Texten hat für eine Gesellschaft jedoch gravierende Folgen: „Menschen mit geringer Lesekompetenz gehen seltener zu Wahlen und lesen kaum Zeitungen“, zitierte Kneil die Studie. „Gerade die Entwicklung rund um die Coronakrise hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, dass Informationen von allen Menschen verstanden werden“, so Kneil. In Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer Wien hatte die APA deshalb ein gemeinsames Projekt zur Übersetzung eines wöchentlichen Nachrichtenüberblicks in elf Sprachen gestartet, um so auch Menschen mit nicht-deutscher Muttersprache umfassend informieren zu können.

Zahlreiche Einsatzgebiete für Einfache Sprache

Die Aufbereitung zielgruppengerechter Information betrifft nicht nur die Medienbranche, sondern im Grunde alle Branchen und Märkte. Dem Wunsch nach mehr Verständlichkeit kommt die APA-Redaktion daher auch im nicht-journalistischen Bereich verstärkt nach und liefert in Kooperation mit dem auf einfache Sprache spezialisierten Unternehmen „capito“  auch Übersetzungen von wissenschaftlichen Fachtexten, behördlichen Schreiben, Mitarbeiterinformationen, Verträgen oder Gebrauchsanweisungen. „Das Thema leicht verständlicher Informationen hat seit der Anfangszeit von ‚TopEasy‘ sehr an Relevanz gewonnen“, zeigt sich Kneil optimistisch. Mittlerweile bietet eine  Datenbank mit einfach erklärten Begriffen – von A wie „autonomes Fahren“ bis Z wie „Zoll“ zusätzliche Orientierung und wird laufend aktualisiert.

Ein kürzlich veröffentlichtes Whitepaper der APA gibt Einblicke in das Themengebiet „Einfache Sprache“ sowie Tipps für die Aufbereitung leicht verständlicher Informationen.

Nachrichtenversorgung in Zeiten der Pandemie

Als Rückgrat der Medienlandschaft versorgt die APA ihre Eigentümer und weitere Medien in Österreich mit „true and unbiased news“. APA -Chefredakteur Johannes Bruckenberger erzählte im Online-Event über außergewöhnliche Leistungen einer außergewöhnlichen Redaktion in außergewöhnlichen Zeiten.

APA -Chefredakteur Johannes Bruckenberger

Die APA im Remote-Betrieb

 „Die Berichterstattung über die Corona-Krise gehört inhaltlich zum Herausforderndsten der vergangenen Jahre“, startete Bruckenberger seine Einblicke in die „neue Realität“ des Agenturalltags. Dabei war die Reihe redaktioneller Großereignisse, die einer Redaktion Außergewöhnliches abverlangen, schon vor Corona lang: „Schwarz-Blaue Wende 2000, 9/11, Tsunami, die Finanzkrise, die Bundespräsidentschaftswahl 2016 oder im Vorjahr Ibiza und seine Folgen“, zählte Bruckenberger exemplarisch auf. „Corona aber forderte die Redaktion organisatorisch stärker als alles zuvor.“ Schließlich galt es, den gesamten Newsroom, in dem gewöhnlich 145 Redakteurinnen und Redakteure auf einer Ebene zusammenarbeiten, ins Home-Office zu verlegen. „Newsroom-Konzepte und Pandemien sind leider keine ideale Kombination“, betonte Bruckenberger, es hätte sich aber gezeigt, dass der Newsroom auch im Home-Office funktioniert.

„Die Berichterstattung über die Corona-Krise gehört inhaltlich zum Herausforderndsten der vergangenen Jahre.“

Johannes Bruckenberger

Teil der kritischen Infrastruktur in Österreich

Unvorbereitet sei man nicht gewesen, denn die APA ist Teil der kritischen Infrastruktur in Österreich und hat seit den 2000er-Jahren einen fertigen Pandemie-Strategieplan in der Schublade. „Dadurch konnten wir ab der Kalenderwoche elf sehr rasch ins Home-Office wechseln. Das betraf 90 bis 95 Prozent unserer Journalistinnen und Journalisten.“ Wenngleich mittlerweile wieder einige mehr in der APA am Naschmarkt im Dienst seien, so werde es eine vollständige Rückkehr wohl erst wieder geben, wenn es einen Impfstoff gibt, prognostizierte Bruckenberger.

Enorme Produktionsmengen

Die Produktion der APA-Redaktion ist auch im Home-Office enorm. Von den insgesamt 48.000 Meldungen, die seit Beginn der Krise am 25. Februar über alle Ressorts des APA-Basisdienstes gelaufen sind, behandeln deutlich mehr als 30.000 die Corona-Krise. Dazu kommen 7.000 Bilder, 250 Grafiken mit bisher mehr als 17 Millionen Zugriffen, mehr als 200 Videobeiträge, 200 Video-Live-Streams und ein laufend aktualisierter Liveblog zum Thema. APA-Faktenchecks sowie ein täglicher Nachrichtenüberblick in einfacher Sprache wurden neben Deutsch in elf weitere Sprachen übersetzt – Bruckenberger sieht darin auch ein wichtiges Gegengewicht zur Desinformation, die sich Studien zufolge vor allem in sozialen Netzwerken oder Messenger-Diensten verbreite und zu Verunsicherung führen würde. „Studien haben gezeigt, dass Menschen, die klassische Medien bzw. Qualitätsmedien konsumiert haben, weniger anfällig für Desinformation sind“, erklärte Bruckenberger.

Die gewaltigen Herausforderung durch Corona hätten aber auch die Stärken der APA-Redaktion ins Licht gerückt: die ressortübergreifende Newsroom-Kultur, die Multimedialität der vielen Formatangebote und die Regionalität, die über die Bundesländerbüros abgedeckt wurde. Stolz zeigte sich Bruckenberger, dass die Berichterstattung der APA unter all den Anforderungen nicht gelitten habe. „Wir haben uns an den Tugenden und Regeln des Qualitätsjournalismus orientiert: an die Fakten halten, präzise und objektiv sein.“

Die APA als Informationsdienstleister

Den vor allem in sozialen Netzwerken an „die Medien“ erhobenen Vorwurf der „Hofberichterstattung“ wies Bruckenberger zurück: „Die Maßnahmen und die Strategie der Regierung zur Bekämpfung der Ausbreitung des Virus hatten ja eine faktisch und wissenschaftlich unterfütterte Plausibilität. Laut einer Studie des Imperial College Großbritannien hätte es ohne nationale Intervention 66.000 Todesopfer gegeben.“ Über die Pool-Lösung der Regierung sei man „nicht glücklich gewesen – vor allem nicht über die Dauer“, beklagte Bruckenberger. „Wir haben das bei Corona getan, weil wir neben dem ORF Teil der kritischen Infrastruktur sind und weil wir so unserer Funktion als Verteilplattform des Mediensystems nachkommen konnten, quasi als Dienstleistung für unsere Kundinnen und Kunden.“

Medien als Faktenlieferanten

Die Kritik an Medien habe durch die Digitalisierung aber insgesamt zugenommen und klassische Medien würden sich in einem ständigen Spannungsfeld der gesellschaftlichen Polarisierung bewegen, meinte Bruckenberger. „Unser Job ist es weiterhin, die Fakten zu liefern und dabei möglichst präzise zu sein. Objektivität, Ausgewogenheit und der Grundsatz, immer alle Seiten zu hören, ist essenzieller denn je. Es braucht Fakten und journalistische Einordnung der Medien, denn in der Krise holt sich die Bevölkerung dort vertrauenswürdige Information.“

„Es braucht Fakten und journalistische Einordnung der Medien.“

Johannes Bruckenberger

Corona stärkt Vertrauen in klassische Medien

Insgesamt habe Corona das Vertrauen in die Medien gestärkt, führte Bruckenberger aus, und verwies auf die gestiegenen Nutzungszahlen. „Klassische Medien haben Aufklärung geleistet, in Summe mitgeholfen, die Ausbreitung des Virus einzudämmen, und die Arbeit der Regierung kritisch begleitet.“

Beide Events wurden aufgezeichnet und sind online abrufbar.

Videoaufzeichnung: Nachrichten leicht verständlich

Videoaufzeichnung: Nachrichtenversorgung in der Pandemie