Innsbrucker Medientag
APA-Geschäftsführer Pig: „Müssen wesentlich mehr zuhören“ – Petz: „Man vergisst, zu differenzieren“ – Für Jugendforscher Heinzlmaier gibt es nicht die eine Jugend.
Der Medientag der Uni Innsbruck hat sich am 14. November mit der „Jugendlichen Mediennutzung als Herausforderung für den Qualitätsjournalismus“ beschäftigt. Die Diskussionsbeiträge enthielten verschiedene Schwerpunkte – von einem Appell, den Jugendlichen zuzuhören, über den Hinweis auf die nach wie vor starke Rolle herkömmlicher Medien bis hin zur Erkenntnis: Die eine Jugend gibt es nicht.
APA-Geschäftsführer Clemens Pig mahnte in seinem Eingangsstatement, die Jugend, ihre Kultur und Mediennutzung nicht separiert zu betrachten. „Herausforderung jugendliche Mediennutzung“ könne nicht bedeuten, zu versuchen, die neuen jungen Zielgruppen „anschlussfähig“ an den professionellen Journalismus zu machen. „Das wird in der aktuellen und zukünftigen digitalen Medienwelt so einfach nicht funktionieren“, betonte Pig. Zudem forderte der APA-Geschäftsführer einen „Perspektiven-Shift“ ein. Plattformen wie Netflix, Youtube, Facebook, Twitter seien in punkto Mediennutzung keine Phänomene der Jungen mehr, sondern längst in der breiten Mediennutzung der mittleren Generationen angekommen und somit „Phänomen und integraler Bestandteil unser aller Mediennutzung“.
„Ich möchte die Jugendlichen und heranwachsenden Generationen mit ihren Themen und Dilemmata nicht alleine lassen. Ich möchte wesentlich mehr zuhören und verstehen. Die Plattformen und Themen der Jugendlichen sind auch meine, unsere“, erklärte der APA-Geschäftsführer. Die etablierten Medien müssten „wesentlich mehr über die kulturellen und politischen Aspekte der Mediennutzung der Jungen erfahren und verstehen“. Informationen seien nicht Nachrichten, man dürfe in punkto Mediennutzung der Jugendlichen „nichts verteufeln und verbieten“.
Für Pig leiten sich fünf zentrale Strategieansätze und Handlungsoptionen in Hinblick auf die Mediennutzung der Jugendlichen ab: Medien-Kompetenz, Medien-Integration, Medien-Sprache, Medien-Politik und Medien-Kooperation. Letzteren Punkt betreffend könne die APA als „genossenschaftlich organisiertes, neutrales Instrument der Medien und als redaktionell-faktenbasiertes Werkzeug der Demokratie“ eine besondere Rolle einnehmen.
Moser Holding-Vorstandschef Hermann Petz wehrte sich gegen eine seiner Meinung nach zu stark stattfindende Verallgemeinerung der Jugend. „Man vergisst, zu differenzieren. Jugendliche können gleichzeitig progressiv und retro sein“, erklärte Petz und nannte als Beispiel die Kombination der Nutzung von „Streaming und Vinyl-Platten“. Es gebe auch eine „haptische Mediennutzung“, dies sei ein laufender Prozess. Eine Umfrage habe etwa ergeben, dass 30 Prozent der 14- bis 19-Jährigen die „Tiroler Tageszeitung“ lesen.
Auch was den Faktor Glaubwürdigkeit angeht, sei das Vertrauen der jungen Menschen etwa in Tageszeitungen mit 90 Prozent sehr stark ausgeprägt, während es in Social Media mit minus 24 Prozent unterentwickelt ist. Generell werde zu stark dogmatisiert. Eines dieser Dogmen sei, dass „Print tot ist“ – was definitiv nicht der Fall sei.
Alexandra Föderl-Schmid, Korrespondentin der „Süddeutschen Zeitung“ in Israel und ehemalige „Standard“-Chefredakteurin, zeigte sich pessimistischer, was die Bindung der Jugend an traditionelle Medien betrifft. Sie legte eine Studie vor, wonach der Stellenwert von Informiertheit bei den 16- bis 30-Jährigen „nicht sehr stark ausgeprägt“ sei. Man habe es nur mehr mit einer „Zwischendurchnutzung von Nachrichten“ zu tun. Es handle sich nicht um eine „Generation newsless“, sondern um eine „Generation comfort“. Föderl-Schmid plädierte für stärkere Investitionen und Fokus auf „innovative Produkte und Ideen“ und verwies auf entsprechende Erfolgsbeispiele von Medienunternehmen im Ausland, die derzeit massiv etwa auf Instagram-Auftritte, Podcasts oder Twitch setzen.
„Die Jugend gibt es tatsächlich nicht. Wir reden dabei immer nur vom oberen Gesellschaftsdrittel“, gab indes Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier zu bedenken und sprach von einer „Abstiegsgesellschaft“, in der sich auch viele Jugendliche befänden. Sie würden vermehrt Halt im Leben suchen und sich mehr und mehr auf den ureigenen Bereich, auf den Nationalstaat, fokussieren: „Die permanente Veränderung geht den Leuten auf die Nerven. Diese wird ihnen suggeriert.“
In punkto Mediennutzung gebe es eine „große Affinität für Bild“. „Wir werden eine Emotionalisierung der Kommunikation sehen. Die gesamte Gesellschaft geht in Richtung emotionale Bild-Kommunikation“, meinte Heinzlmaier. Die „Text-Bild-Kombination“ mache die „größte Reichweite“ aus und letztlich auch den Erfolg von Social-Media-Plattformen.
Der jährliche Medientag stellt eine Zusammenarbeit der Universität Innsbruck mit der „Tiroler Tageszeitung“ und der APA – Austria Presse Agentur dar. Er findet heuer zum 15. Mal statt.