Welche Medien braucht Österreich?
Unabhängiger Journalismus als Frage der Finanzierung und des Mindsets – prominent besetzte Podiumsdiskussion des „2050 Thinkers Club“ in Wien
Wie die österreichischen Medien zwischen Wettbewerbsdruck und Versuchen politischer Einflussnahme ihre Unabhängigkeit bewahren können, hat eine prominent besetzte Podiumsdiskussion des „2050 Thinkers Club“ am 3. Oktober im APA-Pressezentrum debattiert. Wesentlich sei einerseits das „Mindset“ der Redaktionen und andererseits die Finanzierung, lautete der Tenor.
Kriterien für die Unabhängigkeit sind aus Sicht von APA-Geschäftsführerin Karin Thiller Weisungsfreiheit gegenüber staatlichen Organisationen, wirtschaftliche Unabhängigkeit und eine „pluralistische“ Redaktion. „Letztlich braucht es auch eine Mann-und Frauschaft mit Rückgrat“, sagte Thiller. Denn es sei eine Illusion zu denken, dass es keine Versuche der Einflussnahme gebe.
Diese habe es in Österreich immer gegeben, stimmte Walter Hämmerle, Chefredakteur der „Wiener Zeitung“, zu. „Es ist der Job von Chefredakteuren, Herausgebern und Redaktionen, dem zu widerstehen.“ Bei der „Wiener Zeitung“ hielten sich diese Versuche aber in Grenzen: „Wir haben den Luxus, dass wir eine Zeitung für Politikjunkies sind, aber wir sind kein Machtfaktor.“
Als problematisch beurteilt „Falter“-Herausgeber Armin Thurnher die Inseratenvergabe der Bundesregierung auf der einen und die „nicht vorhandene Presseförderung“ auf der anderen Seite. Denn letztere sei „in der Summe lächerlich“. „Die österreichische Medienpolitik ist eine Jahrzehnte dauernde Katastrophe“, lautete sein scharfes Urteil.
Eine hohe Presseförderung würde „enorme politische Abhängigkeiten“ erzeugen, argumentierte dagegen „Heute“-Chefredakteur Christian Nusser. Auch ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hält eine „staatsunabhängige Finanzierung“ für wesentlich. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei ein gutes Grundmodell für Qualitätsjournalismus, zeigte er sich wenig überraschend überzeugt.
Die These, dass Qualitätsjournalismus möglicherweise kein marktfähiges Produkt mehr sei, vertrat Hämmerle. „Wenn das so ist, müssen sich demokratische Gesellschaften eine andere Form der Finanzierung überlegen“, stellte er fest. Unabhängigkeit sei einerseits ökonomisch bedingt und auf der anderen Seite „ein Mindset“.
Nicht mehr als „Hauptproblem“ der österreichischen Medienlandschaft sieht Thurnher Monopole am Printmarkt. „Ich glaube, dass der redaktionelle Journalismus strukturell bedroht ist von digitalen Konzernen.“ Dieser redaktionelle Journalismus sei aber wesentlich für das Funktionieren von Demokratien. „In welchem Aggregatzustand der an die Leute kommt, das ist nicht so wichtig“, sagte er.
Dass die gedruckte Zeitung bald der Vergangenheit angehören könnte, glaubte aber niemand am Podium. Zumindest im „Highend-Bereich“ werde Print auch langfristig eine Zukunft haben, erwartet Hämmerle. „Print wird dann sterben, wenn sich niemand mehr dafür interessiert, das heißt, wir haben es selbst in der Hand, relevant und interessant zu sein“, sagte Nusser.