Fact Finding Mission

Fragt man Florian Schmidt nach seinem neuen Job im APA-Newsroom, könnte es sein, dass er sich mit einem Augenzwinkern als „Jedi of Truth“ oder als „Fake Fighter“ vorstellt. Seine offizielle Funktionsbezeichnung „Verification Officer“ wirkt weniger heroisch, trägt jedoch Bedeutendes zu Faktizität und damit zum Kampf gegen Fake-News bei.

Schmidt leitet in der Nachrichtenagentur Projekte im Bereich Faktencheck und stellt den Ausbau von Know-how zur Prüfung von Informationen, Bildern und Videos aus dem Internet und sozialen Medien in der APA-Redaktion sicher. Für APA-Value gibt er Einblick in seine Tätigkeit.

APA-Value: Welche Arten von Fake News gibt es?

Florian Schmidt: Fakes können in ganz verschiedener Art und Weise auftreten: Als gefälschte Nachrichtenmeldung, als falsches Zitat, als manipuliertes Bild oder Video, als Deepfake (täuschend echt wirkende Videos), als Cheapfake (Manipulationen ohne großen Aufwand, z.B. andere Wiedergabegeschwindigkeit) oder auch als irreführende E-Mail bzw. SMS. Hinter Fake News kann eine Satire-Seite stecken, die Menschen zum Schmunzeln bringen will, aber genauso eine Organisation mit eindeutiger politischer Orientierung, die Menschen in eine bestimmte Richtung lenken möchte. Die Manipulation kann aus einem technisch hochwertigen Deepfake bestehen, für den die Produzenten mehrere Stunden oder Tage investiert haben, um eine Person in einem Video Sätze sagen zu lassen, die sie in der Realität nie gesagt hat. Man findet etwa Deepfakes, in denen Will Smith die Hauptrolle in Szenen des Films „Matrix“ spielt. Aber auch Fakes mit geringerem technischen Aufwand haben das Potenzial, eine große Reichweite zu erzielen. Wie etwa vor kurzem, als ein Video der US-Politikerin Nancy Pelosi in sozialen Netzwerken die Runde machte. Die Wiedergabegeschwindigkeit war technisch verlangsamt worden, um den Anschein zu erwecken, Pelosi wäre betrunken oder nicht ganz bei Sinnen. Mit Fakes kann man auf ganz unterschiedliche Weise konfrontiert werden, sie haben meistens die Absicht, Menschen in die Irre zu führen oder sie zu beeinflussen und sind deshalb gefährlich.

APA-Value: Welche Technologien kommen bei der Verification zum Einsatz? Gibt es bestimmte Tools die du benutzt?

Schmidt: Es gibt tatsächlich einige „Werkzeuge“, die ich oft benutze. Das sind zum Großteil Freeware-Tools, die jeder finden und einsetzen kann: Etwa gängige Kartendienste, um den Entstehungsort eines Bildes zu überprüfen oder Whois-Abfragen, um zu sehen, auf wen eine bestimmte Website registriert ist. Auch eine Reverse Image Search ist fixer Bestandteil im Werkzeugkoffer eines jeden Verification Officers. Damit kann man feststellen, wo und wann ein bestimmtes Bild bereits im Internet publiziert worden ist. Aber das sind nur die Basics. Es gibt tausende Datenbanken, in denen man nach Informationen suchen kann. Es gibt sogar Analysetools, die den Schlafrhythmus eines Twitter-Users rekonstruieren können. Und es gibt Wetterdatenbanken, die zeigen, welche Länge der Schatten eines Autos zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort gehabt haben muss. Natürlich kommt derartiges nicht jeden Tag zum Einsatz, aber es ist wichtig zu wissen, welche Informationsmöglichkeiten es online gibt, wo man sie findet und wie man damit umgeht.

APA-Value: In welchen Kanälen sind die meisten manipulierten Bilder und Videos zu finden und welche sind für die APA besonders relevant?

Schmidt: Manipulierte Bilder und Videos sind überall zu finden, wo man Menschen damit erreichen kann – vor allem in sozialen Medien, wo Produzentinnen und Produzenten von derartigem Material hervorragende Verbreitungsmöglichkeiten haben, aber auch in geschlossenen Foren oder geheimen Gruppen, wo man nur die eigene „Bubble“ erreicht. Es gibt nicht den einen speziellen Kanal, der für die APA besonders wichtig ist. Relevant wird Material für uns vor allem, wenn es „viral geht“ und somit ein gesellschaftliches Interesse entsteht bzw. wenn das Material auf die Meinungsbildung einer großen Anzahl von Menschen einwirkt. Das passiert natürlich häufiger auf Facebook oder Twitter als in einem kleinen Forum mit nur hundert Mitgliedern.

APA-Value: Mit welchen größeren Herausforderungen und Projekten wirst du dich in deiner neuen Rolle als Verification Officer der APA beschäftigen?

Schmidt: Zuerst stehen grundlegende Schritte an: Etwa den Workflow bei Verifizierungsprozessen zu optimieren und die redaktionelle Zusammenarbeit im Bereich des Faktenchecks zu intensivieren. Dafür werde ich mich mit Kolleginnen und Kollegen aus den jeweiligen Ressorts der APA-Redaktion noch stärker vernetzen, um im Ernstfall auf zusätzliche Expertise zurückgreifen zu können. Dazu sollen nicht nur diese einzelnen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner im Bereich der Verification weiter ausgebildet, sondern weiterhin Workshops und Kurse für alle Kolleginnen und Kollegen angeboten werden – wie ich es bereits seit zwei Jahren mache. Darüber hinaus werden wir in diesem Jahr einige größere Vorhaben koordinieren, hier stehen wir aber erst am Anfang. Es erwarten uns jedenfalls einige spannende Projekte, soviel kann ich verraten.