Exklusive Einblicke in die Vergangenheit
Wie zeigte sich der Wiener Prater vor 120 Jahren? Welche Frisuren waren damals der letzte Schrei? Und wie sah ein „Planetenverkäufer“ aus?
Historische Fotografien sind wie Gucklöcher, die uns durch Raum und Zeit in die Vergangenheit blicken lassen und sowohl einzelne Momente als auch kulturgeschichtliches Wissen bewahren. Viele einzigartige Aufnahmen aus der Zeit um die Jahrhundertwende verdanken wir dem Rechtsanwalt Emil Mayer (1871-1938), der zu den herausragenden Amateurfotografen Wiens zählte. In seinen Straßenszenen finden sich klassische „Wiener Typen“ und urbane Volksfiguren wie Fiaker, Wasserer, Maronibrater oder Hausierer wieder, wobei er auch Angehörige höherer Gesellschaftsschichten ablichtete. Um unbemerkt fotografieren zu können, benutzte er einen Umlenkspiegel vor dem Objektiv, blickte also um 90 Grad gedreht von seinem Motiv weg.
Obwohl Mayer als Präsident des Amateur Fotografen Clubs und als Industrieller für fotografische Produkte relativ bekannt war, veröffentlichte er seine Fotos nur in geringen Auflagen als Postkarten und Bromöldrucke und zeigte sie in Lichtbildvorträgen. Seine Fotos aus dem Prater erschienen 1911 im Buch „Wurstelprater“ von Felix Salten. Da er während des Nationalsozialismus verfolgt wurde, sah er keinen anderen Ausweg als gemeinsam mit seiner Frau Selbstmord zu begehen. Mayers Arbeiten gerieten in Vergessenheit und wurden erst in den 1960er Jahren durch den Fotografen Franz Hubmann wiederentdeckt und erzählen heute vom täglichen Leben auf den Straßen Wiens vor 120 Jahren.
Der Großteil der Aufnahmen von Emil Mayer ist heute Teil des Archives von IMAGNO Brandstätter Images, einer der bedeutendsten österreichischen Sammlungen von Fotografien aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Mit einem analogen Bestand von ca. drei Millionen Fotografien handelt es sich um das größte private Bildarchiv des Landes. APA-PictureDesk betreut die Vertriebsaktivitäten von IMAGNO Brandstätter Images und arbeitet sukzessive an der Digitalisierung der historischen Bestände, um diese auf www.picturedesk.com verfügbar zu machen.
Street Life anno 1900
Der „Planetenverkäufer“, handkoloriertes Glasdiapositiv, Wien zwischen 1905 und 1910
Wiener Straßenhändler, die Glücksbriefchen und Horoskopzettel feil boten, wurden Planetenverkäufer genannt. Sie zogen die geheimnisvollen Zettel nicht selbst aus ihren Bauchläden, sondern ließen diese Aufgabe von abgerichteten Papageien erledigen.
Reibfrauen, Fotografie,
Wien um 1900
Bei der Kirche „Zu den neun Chören“ (1. Bezirk, Am Hof) befand sich eine Börse für arbeitssuchende Frauen, sogenannte Reibfrauen, die dort von Hausfrauen für grobe Hausarbeiten stunden- oder tageweise in Dienst genommen werden konnten.
Der Hund als Zugtier, Fotografie, Wien um 1910
Vor dem Palais Pallavicini am Josefsplatz (1. Bezirk)
Neues Informationsangebot
Unter dem Titel „Archivgeschichten“ liefert ein neues Newsletterformat von APA-PictureDesk seit Juli 2020 regelmäßig Informationen zu besonderen Fundstücken aus Archiven, zu Highlights aus Beständen bedeutender Fotografinnen und Fotografen sowie Hintergrundgeschichten zur Arbeit mit historischem Fotomaterial. In der ersten Ausgabe konnten die Leserinnen und Leser unter anderem Einblicke in das einzigartige fotografische Werk von Emil Mayer nehmen.
„Durch die vielfältigen Quellen und einzigartigen historischen Bildbestände können wir eine umfassende Darstellung der Zeitläufe zu den unterschiedlichsten Themen bieten“, erklärt APA-PictureDesk-Bildexperte und Fotohistoriker Gerald Piffl. „Das neue Informationsangebot ‚Archivgeschichten‘ soll unsere Erkenntnisse und Entdeckungen bei der Arbeit in den Archiven niederschwellig zugänglich machen.“
Newsletter „Archivgeschichten“